Wenn ich Annalena Baerbock wäre

Dann würde ich erhobenen Hauptes vor die Presse treten und erklären, dass ich meine Position als Spitzen- und Kanzlerkandidaten der GRÜNEN zugunsten meines Kollegen Robert Habeck – das Einverständnis der Parteigremien vorausgesetzt – aufgeben werde.

Ich würde diesen Schritt so begründen: „Wenn es noch irgendeines Nachweises bedurfte, dass der Klimawandel dabei ist, sich zur Klimakatastrophe zu entwickeln, dann haben die schrecklichen Ereignisse der letzten Tage in verschiedenen Gebieten Deutschlands uns unübersehbar vor Augen geführt, was auf uns zukommt, wenn wir nicht den Schutz der Umwelt in all seinen Aspekten ins Zentrum des politischen Handelns stellen. Für die Partei der GRÜNEN war dies der Auslöser zu ihrer Gründung, und sie haben dieses Thema seitdem -oft genug als einzige politische Kraft – der Bevölkerung bewusst gemacht und für Maßnahmen zum Schutz der Umwelt gekämpft.

Wann, wenn nicht jetzt bei diesem Bundestagswahlkampf ist die Zeit und die Notwendigkeit, den Kampf gegen den Klimawandel zu einem zentralen Thema zu machen, bei dem die Bürger sich bewusst werden, was auf dem Spiel steht, und klar vor Augen geführt bekommen, wo die einzelnen politischen Parteien und ihre Spitzenvertreter in dieser Schicksalsfrage stehen. Meine Partei und ich haben ganz klare Positionen bezogen und dem Klimaschutz absolute Priorität auf der politischen Agenda eingeräumt.

Bedauerlicherweise wird diese wichtige Diskussion in dem jetzt angelaufenen Wahlkampf in den Hintergrund gedrängt durch Debatten über meine Person, für die ich selbst den Anlass gegeben habe. Ich verkleinere weder noch beschönige ich die Fehler, die ich gemacht habe, im Gegenteil, ich ärgere mich selbst am meisten, dass ich den politischen Gegnern hierdurch die Möglichkeit gegeben habe, einen Nebenkriegsschauplatz aufzumachen und sich an den wirklich wichtigen Fragen vorbeizudrücken.

Ich kann und werde nicht zulassen, dass über die Beschäftigung mit meiner Person das Thema, für das ich und meine Partei stehen, nämlich die Herausforderung des Klimawandels, in diesem Wahlkampf verloren geht und dass sich Herr Laschet und Herr Scholz an diesem Thema vorbeidrücken können. Ich möchte, dass in diesem Wahlkampf die Bürger über die Probleme, die für die Zukunft unserer Gesellschaft wichtig sind, sich aufklären lassen, um zu entscheiden, wem sie die Bewältigung dieser Aufgaben zutrauen. Indem ich mich von der Position als Spitzenkandidatin zurückziehe, sorge ich dafür, dass wieder diese entscheidenden Themen in den Mittelpunkt rücken.“

Mit diesem Schritt würde Annalena Baerbock sich selbst, ihrer Partei, den Wählern und vor allem dem Thema, um das es bei dieser Wahl gehen sollte, dem Klimaschutz, einen großen Dienst erweisen.