Kommunitaristisches Manifest

Werner Peters hat sich nach seinem Austritt aus der CDU aus prinzipiellen Gründen keiner Partei mehr angeschlossen, aber sein Interesse an der Politik und seine Bereitschaft, sich gesellschaftspolitisch zu engagieren, weiter gepflegt. Die amerikanische politische Kultur des freiwilligen bürgerschaftlichen Engagements als Ergänzung und auch Gegengewicht zur staatlichen Verwaltung, die schon de Tocqueville so fasziniert hatte, war auch für Werner Peters aus seinem Studium der amerikanischen politischen Literatur und den eigenen Erfahrungen in den USA prägend geworden. So gründete er in den frühen 90er Jahren zusammen mit engagierten Freunden einen Verein „Flüchtlingshilfe Direkt“, der sich um Hilfe für bosnische Flüchtlinge in Lagern in Slowenien kümmerte und für die er u.a. auch bei seinen Gastronomie-Kollegen Spenden einsammelte. Im Jahre 1996 begeisterte ihn Amitai Etzioni, der in den USA das „Communitarian Network” gegründet hatte, diese Idee des Kommunitarismus, also des Bürgerengagements zur Bewältigung gesellschaftlicher Probleme durch Gründung eines „Communitarian Networks” in Deutschland zu verbreiten. Zusammen mit drei Freunden erarbeitete Werner Peters ein ,,Kommunitaristisches Manifest für Deutschland", sozusagen als Blaupause für ein bürgerschaftliches Engagement auf örtlicher Ebene. Mit einer Reihe Interessenten erarbeitete er auf dieser Basis ein „Kommunitaristisches Manifest für Köln“. Aus dieser gemeinsamen Arbeit an dem Manifest entwickelte sich die Idee zur Gründung einer Freiwilligen-Agentur, die dann im Jahr 1997 zusammen mit anderen Kölner Bürgern, die ähnliche Gedanken verfolgten, verwirklicht wurde. Sie hat sich inzwischen als eine unverzichtbare Institution etabliert zur Vernetzung von Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, mit denen, die diese Unterstützung brauchen.

 

Bernd Guggenberger, Thomas Meyer, Werner Peters, Tine Stein

Initiative für Bürgersinn

Entwurf eines kommunitaristischen Manifests für Deutschland

Bei den Klagen über Partei- und Politikverdrossenheit wird oft die Schuld an den Verhältnissen einseitig den Politikern und den von ihnen aufgebauten Personalstrukturen und Machtapparaten zugewiesen. Aber auch die Bürgerinnen und Bürger unseres Staates geben Anlass zur Verdrossenheit, da viele von ihnen ihre politischen Rechte stillschweigend aufgegeben zu haben scheinen und ihren Pflichten gegenüber der Gemeinschaft nicht nachkommen.

Repräsentative Demokratie ist falsch verstanden, wo sie als Allzuständigkeit der Politiker und der von ihnen kontrollierten Staatsverwaltung gilt, die inzwischen alle Bereiche der Gesellschaft durchdringt und auch das Leben des einzelnen in hohem Maße reguliert. Die Bequemlichkeit der Bürger leistet einer solchen Fehlentwicklung Vorschub. Das ist heute die Lage. Wir brauchen eine neue Arbeitsteilung zwischen Politik, Gesellschaft und dem einzelnen. Sie ist nur durch eine Initiative der Bürger erreichbar. Eine neue Art der "Politisierung" der Bürger ist gefordert. Politisierung hat mit Verstaatlichung nichts gemein, im Gegenteil: je mehr Einmischung der Bürger ins gesellschaftliche Geschehen desto weniger Staat und Verwaltung ist nötig. Wir müssen zu einem lebendigen Verständnis aktiver Demokratie gelangen als einer Gesellschaft freier Menschen, die ihre Angelegenheiten zunächst einmal selbstverantwortlich und in freiwilligen Zusammenschlüssen mit Gleichgesinnten regeln.

Gemeinschaftsgeist

In unserer Gesellschaft muß die häufig verdrängte Selbstverständlichkeit wieder neu bewußt gemacht werden, daß den Freiheiten, die die demokratische Gesellschaftsform bietet, Pflichten zur Mitgestaltung und Einhaltung dieser gesellschaftlichen Ordnung gegenüberstehen.

In der griechischen Demokratie galt nur derjenige als Bürger ("Polites"), der sich aktiv in das Leben der Gemeinde einschaltete; wer sich nur um seine Privatangelegenheiten kümmerte, den bezeichneten die Bürger als "Idiotes".

Gemeinschaften können nicht überleben, wenn ihnen nicht die Bürger einen Teil ihrer Zeit und ihrer Energie widmen. Die ausschließliche Konzentration auf das Privatleben ist aber auf lange Sicht nicht einmal dem Eigeninteresse förderlich. Denn sie führt zu einem immer weiter expandierenden Regierungsapparat, aufgeblähten Sozial- und Wohlfahrtsbürokratien, einem Anschwellen von Regulierungen, die das Privatleben immer mehr einschnüren, und in der Rücksichtslosigkeit gegenüber der Umwelt zu einer Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen.

Eine demokratische Gesellschaft kann nur Bestand haben bei einem Ausgleich zwischen den individuellen Freiheitsrechten und den Pflichten gegenüber der Gemeinschaft. Demokratie ist geordnete Freiheit und nicht unbegrenzte Willkür. Eine solche Freiheit wird erfahren und eingeübt in den Strukturen und Institutionen einer "Bürgergesellschaft", wo Bürger den Respekt voreinander und vor sich selbst lernen, wo durch Einsatz für ein gemeinsames Ziel die Fähigkeit und Bereitschaft zur eigenverantwortlichen Regelung gesellschaftlicher Angelegenheiten gestärkt wird und damit das Gefühl für persönliche und staatsbürgerliche Verantwortlichkeit sich festigt. In Deutschland können und müssen die politischen Strukturen und Organisationen erheblich verändert werden: wir brauchen mehr Offenheit, so daß die Partizipation am politischen Geschehen leichter möglich wird. Wir brauchen mehr demokratische politische Regelungen eigener Angelegenheiten in der Bürgergesellschaft selbst. Neue Initiativen der Parteien zur Öffnung und Bürgerbeteiligung sind ein erfreulicher erster Ansatz, sind aber viel zu zaghaft und werden von gegenläufigen Tendenzen überschattet. So wird die Entfaltung der Bürgergesellschaft behindert, wenn die Volksvertreter abermals die Gelegenheit versäumen, einen Volksbescheid in das Grundgesetz aufzunehmen, und Millionen langjährig ansässiger Ausländer ihre Staatsbürgerrechte vorenthalten.

Aber der Aufruf zur stärkeren Einmischung der Bürger in die Aufgaben und Probleme der Gesellschaft ist nicht auf den engen politischen Bereich beschränkt. Wir treten ein für einen erweiterten Bergriff des Politischen: Auch die Bürgerinitiative, die sich zur Lösung eines Problems der Gemeinde zusammenfindet, die gemeinnützige Vereinigung, die Geld und Hilfsgüter sammelt, Nachbarschaftshilfsaktionen, auch Selbsthilfegruppen und Einzelpersonen, die statt nach dem Staat zu rufen, die Dinge selbst in die Hand nehmen, sie alle handeln politisch. Auch hier gibt es in den letzten Jahren in Deutschland eine erfreuliche Entwicklung. Viele Menschen - aber im Ganzen noch viel zu wenige - engagieren sich in solchen Gruppen, Aktionen und Initiativen. Diesen Menschen und Organisationen Mut und Ansporn zu geben und ihren Aktivitäten die gebührende Bedeutung zu verschaffen, ist eines der Ziele dieses Manifestes.

Eine neue Kultur der "Einmischung"

Die Verpflichtung, im Rahmen einer Gemeinschaft auch für das Wohlergehen anderer verantwortlich zu sein, bedeutet keine Aufforderung zu heroischer Opferbereitschaft. Es geht um die Anerkennung der Tatsache und die entsprechenden Konsequenzen daraus, daß kein Mensch eine Insel ist, sondern für sein Wohlergehen auf die anderen angewiesen ist. Deshalb ist die Mitarbeit in gemeinwohlorientierten Gruppen, bei Nachbarschaftshilfsaktionen, in Selbsthilfegruppen, Bürgerinitiativen, ein unverzichtbarer Motor für den Zusammenhalt und das Funktionieren einer Gesellschaft. Das Engagement in solchen Vereinigungen bringt über die Förderung der Ziele des jeweiligen Vereins hinaus für den einzelnen die Erfahrung "politischer" Arbeit in einem erweiterten Sinne, d.h. der Notwendigkeit, mit Menschen unterschiedlicher Auffassungen zusammenzuarbeiten, Toleranz und Respekt für die anderer zu entwickeln, Kompromisse auszuhandeln und sich damit zufrieden zugeben, aber auch das Erlebnis, Einfluß zu nehmen und etwas zu bewirken, und das Glücksgefühl, an einer Gemeinschaftsleistung teilzuhaben.

Daneben gilt es, auch als einzelner Zivilcourage und Bereitschaft zu zeigen, sich einzumischen, nicht wegzuschauen, wenn Unrecht geschieht, sondern den Mund aufzumachen und gegebenenfalls einzuschreiten, z.B. wenn Kinder mißbraucht oder gequält werden oder wenn fremdenfeindliche, rassistische Äußerungen in die Öffentlichkeit getragen werden. Offensiver Widerstand von einzelnen und in Gruppen gegen Rassismus und Intoleranz ist wichtiger als der Ruf nach schärferen Gesetzen.

Offenere Politik

In unserem politischen System müssen die Möglichkeiten der Partizipation für die Bürger deutlich erweitert und verbessert werden. Die Anhörungsverpflichtung und das Mitwirkungsrecht von Bürgergruppen im politischen Prozeß kann, auch ohne das Prinzip der repräsentativen Demokratie zu verletzen, erheblich verstärkt werden. Die Parteien müssen endlich ihren Verfassungsauftrag begreifen und auch leben, der ihnen nur ein "Mit"wirkungsrecht an der politischen Willensbildung des Volkes zuspricht. Das aus der Erfahrung des Nationalsozialismus geborene Mißtrauen gegenüber plebiszitären Elementen in unserem politischen System muß nach fünf Jahrzehnten positiver Erfahrungen mit der demokratischen Reife unseres Volkes in Volksentscheidungen Platz machen.

Wiederentdeckung der Selbstverantwortung und Stärkung der Fundamente der Bürgergesellschaft

Der Ausbau des Wohlfahrtsstaates, eine der großen Errungenschaften vor allem der europäischen Demokratien, droht nicht nur zunehmend zu einer unbezahlbaren Bürde der Gesellschaft zu werden, sondern hat auch in einem erschreckenden Maße die Bereitschaft zur Eigenverantwortung und den Willen zur eigenen Lebensgestaltung abgebaut. Immer mehr Risiken werden auf die Solidargemeinschaft abgewälzt, die sich für den einzelnen oft nicht als Gemeinschaft, sondern als riesige anonyme Geldverwaltungs- und Geldverteilungsbürokratie darstellt.

Bürgersinn kann weder von oben verordnet werden noch durch Nachahmung charismatischer Führerpersönlichkeiten entstehen, sondern muß aus der Bevölkerung selbst erwachsen. Aus diesem Grund müssen die für eine zivilisierte, am Gemeinwohl orientierte Gesellschaft tragenden Säulen erhalten und gepflegt werden.

Eine dieser Säulen, die grundlegende überhaupt, ist die Familie - Familie verstanden in dem heutigen liberalen, erweiterten Begriff jeder Form des Zusammenlebens von einem oder mehreren Erwachsenen mit einem oder mehreren Kindern, Familie in der heute möglichen und üblichen Vielfalt der Formen ist auf jeden Fall der Ort, wo die Kinder Sozialerfahrung und Charakterbildung erhalten. Familien, die auch das Zusammenleben mit der älteren Generation oder ihre Pflege einschließen, können diesen Zweck umso besser erfüllen. Auch die vielfältigen anderen prägenden Eindrücke und Einflüsse aus dem weiteren Umfeld und der Gesellschaft allgemein erhalten eine Bewertung und Berechnung in der Familie. Es ist daher im dringenden Interesse einer demokratischen Gesellschaft, denjenigen ihrer Mitglieder, die Kinder "hochbringen", die äußeren Möglichkeiten zu erleichtern, ihrer Erziehungsaufgabe optimal nachzukommen. Auf der anderen Seite bedeutet es auch für die Eltern oder Erziehungsberechtigten, daß sie ihren Lebensstil auf diese Verantwortung hin einrichten. Damit die Familie imstande ist, die von ihr erwarteten Funktionen zu erfüllen, schlagen wir vor:

  • Noch intensivere Bemühungen um die Schaffung von Teilzeitarbeitsplätzen und flexiblen Arbeitszeitregelungen. Die öffentliche Verwaltung sollte mit gutem Beispiel vorangehen.

  • Unterstützung berufstätiger Eltern durch Schaffung von Kindertagesstätten auch in den Betrieben. Auch hier ist die öffentliche Verwaltung besonders aufgerufen. Die Berufstätigkeit der Frauen, nicht nur aus finanzieller Notwendigkeit, sondern auch aus Freude am Beruf, ist eine unumkehrbare gesellschaftliche Tatsache. Die Gesellschaft kann dafür sorgen, daß Beruf und Kindererziehung sich zum Wohl der Kinder stressfreier miteinander verbinden lassen.

  • Aufwertung der Erziehungstätigkeit in den Augen der Gesellschaft und finanzielle Konsequenzen daraus, z.B. durch Aufhebung des Ehegatten-Splitting im Steuerrecht zugunsten eines Familienlastenausgleichs, sowie Berücksichtigung des Beitrages der Kindererziehung für den Generationenvertrag im Rentenrecht

  • Änderungen im Scheidungsrecht zur besseren Berücksichtigung der Interessen der Kinder.

  • Gesellschaftliche Gleichstellung der Familien der Alleinerziehenden und Hilfen zum Ausgleich ihrer zusätzlichen Schwierigkeiten.

  • Verbesserung des Schutzes und der Rechte der Kinder in vielen Bereichen (Schutz vor sexuellem Missbrauch und Gewalt, Erleichterung des Adoptionsverfahrens, u.a.).

Die Schule - die zweite Plattform

Alle Erziehungseinrichtungen - vom Kindergarten bis zu den Universitäten - sind nicht nur Institute der Wissensvermittlung, sondern auch Orte der Wertevermittlung, der Charakterbildung und der gesellschaftlichen Erfahrung. Dies gilt auch dort, wo Schulen aus einer falsch verstandenen Offenheit oder Angst vor dem Vorwurf der Indoktrination vor der Aufgabe der Wertevermittlung zurück scheuen. In das dort entstehende Vakuum dringen andere Einflüsse ein und übernehmen die "Charakterbildung".

Wir wollen also den Erziehenden Mut machen, wieder Standpunkte einzunehmen und Wertmaßstäbe zu setzen und diese offensiv, aber in offener Diskussion mit den Schülern zu vertreten, damit diese erfahren, daß es Verbindlichkeiten gibt. Denn Wertevermittlung geschieht vor allem durch die gesellschaftliche Erfahrung von gleichen Rechten und vernünftig begründeten Pflichten.

Was hier über die Schulen gesagt ist, gilt auch für die Berufsausbildung. Auch die Betriebe und Unternehmen, in denen jungen Menschen auf ihren Beruf vorbereitet werden, bilden ein höchst einflußreiches Erziehungsumfeld und zwingen die dort Verantwortlichen, sich ihrer Vorbildfunktion bewußt zu sein. Auf der anderen Seite sind die Erziehungseinrichtungen für die Heranwachsenden auch Übungsstätten für soziales Verhalten und die Erfahrung von Verantwortung. Dem muß durch eine Stärkung der Institution der Schülermitverantwortung und die Ausweitung ihrer Funktionen Rechnung getragen werden. Eltern und Schüler können in viel stärkerem Maße an der Verwaltung der Schulangelegenheiten beteiligt werden. Dies entspricht dem Geist dieses Aufrufs zu einer stärkeren Beteiligung der Bürger an der Verwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten, und macht deutlich, daß die Erziehung Heranwachsender eine gemeinsame Sache von Eltern und Schule ist. Die das politische Klima lahmende Entwicklung zum Berufspolitikertum sollte durch mutige Reformen (z. B. eine Kultur der Begrenzung einer ununterbrochenen Parlamentstätigkeit auf zwei oder drei Wahlperioden) gebrochen werden. Das Vertrauen in die Politiker kann durch eine Verpflichtung zur Offenlegung ihrer Einkünfte erheblich verbessert werden

Schlussbemerkung

Die soziale Struktur einer Gesellschaft kann durch Überbeanspruchung und Vernachlässigung in gleicher Weise zugrunde gehen wie die natürliche Umwelt. Sie wird gepflegt, indem die einzelnen der Gesellschaft gegenüber Verantwortung empfinden und Dienste leisten und dadurch eine Atmosphäre entstehen lassen, in der die Erfüllung gewisser Gemeinschaftspflichten als selbstverständlich empfunden wird. So entsteht und so erhält sich eine Bürgergesellschaft. Solche ungeschriebenen und "außer"gesetzlichen Verhaltenscodes und gesellschaftlichen Mechanismen gab es in vielen früheren Gesellschaftsordnungen - bei den Rittern, den Aristokraten, dem Bürgertum unter der Monarchie. Es muß möglich sein, daß auch gerade eine freie und offene Gesellschaft, die das höchste Maß an politischer Freiheit und das größte Ausmaß an allgemeinem Wohlstand erreicht hat, sich diese Ordnung, die ihr Weiterleben sichert, geben kann.


Werner Peters

Manifest der Kölner Kommunitaristen für eine neue politische und gesellschaftliche Kultur in der Stadt Köln

1. Präambel

Offenkundig ist die Zeit der Kommunalpolitik alten Stils abgelaufen. Der rundum voll versorgte Stadtbürger gehört ebenso der Vergangenheit an wie der freigiebig auf alle Bedürfnisse der Bürger reagierende Kommunalpolitiker. Aber nicht nur das Diktat der leeren Kassen läutet eine neue Zeit ein. Die Einstellungen und Erwartungshaltungen gegenüber der Politik und den Politikern sind im Wandel. Die vielberedete Politikverdrossenheit ist ein Anzeichen für größere Wachsamkeit und ein kritisches Bewusstsein der Bürger für Fehler nicht nur der Kommunalpolitiker, sondern allgemein der Art und Weise, wie Politik in Köln gemacht wird.

Noch aber sind zu wenig Bürger bereit, die Konsequenzen aus dieser Kritik am bisherigen System für ihr eigenes politisches Verhalten zu ziehen. Das Anspruchsdenken, die Versorgungsmentalität gegenüber Dienstleistungen der Stadt und des Staates ist weitgehend ungebrochen, die Bereitschaft sich selbst zu engagieren und kommunale Aufgaben selbst zu übernehmen oder Eigenleistungen zu erbringen, ist bisher nur schwach ausgeprägt, wenn auch hier ein Anwachsen des Engagements unverkennbar ist. Gerade in unserer Stadt Köln sind zahlreiche bürgerschaftliche Initiativen, wie etwa für selbstverwaltete Bürgerzentren, für die Obdachlosenhilfe, die AIDS-Hilfe, die Initiative zur Wiedereingliederung minderjähriger Prostituierter und viele andere Aktivitäten hervorragende Zeichen für das Heranwachsen einer Bürgergesellschaft, die politische und gesellschaftliche Verantwortung übernimmt und sich für Angelegenheiten des Gemeinwohls einsetzt.

Diese Ansätze müssen gefördert werden. Wir brauchen eine neue politische Kultur der Einmischung der Bürger in die Angelegenheiten ihrer Stadt. Eine neue Art der "Politisierung" der Bürger ist gefordert. Politisierung hat mit Verstaatlichung nichts gemein, im Gegenteil: je mehr Einmischung der Bürger in das gesellschaftliche Geschehen, desto weniger Staat und Verwaltung sind vonnöten. Wir müssen zu einem lebendigen Verständnis aktiver Demokratie gelangen als einer Gesellschaft freier Menschen, die ihre Angelegenheiten so weit wie möglich selbständig und in freiwilligen Zusammenschlüssen mit Gleichgesinnten regeln.

In unserer Gesellschaft muß die häufig verdrängte Selbstverständlichkeit wieder neu bewußt gemacht werden, daß den Freiheiten, die die demokratische Gesellschaft bietet, eine innere Verpflichtung zur Mitgestaltung und Erhaltung dieser Gesellschaft gegenübersteht. Das Engagement für die Gemeinschaft soll nicht als staatlicher Zwang verstanden werden, sondern als eine freiwillige Verpflichtung. Eine ausschließlich repräsentativ gestaltete Demokratie ist den Anforderungen einer modernen pluralistischen Gesellschaft nicht mehr gewachsen.

In der griechischen Demokratie galt nur derjenige als Bürger ("Polites"), der sich aktiv in das Leben der Gemeinde einschaltete; wer sich nur um seine Privatangelegenheiten kümmerte, den bezeichneten die Bürger als "Idiotes". Gemeinschaften können nicht überleben, wenn ihnen nicht ihre Mitglieder einen Teil ihrer Zeit und ihrer Energie widmen. Die ausschließliche Konzentration auf das Privatleben ist aber auf lange Sicht nicht einmal dem Eigeninteresse förderlich. Denn sie führt zu einem immer weiter expandierenden Regierungs- und Verwaltungsapparat, aufgeblähten Sozial- und Wohlfahrtsbürokratien, einem Anschwellen von Regulierungen, die das Privatleben immer mehr einschnüren, und in der Rücksichtslosigkeit gegenüber der Umwelt zu einer Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen.

Das Engagement der Bürger ist aus zweierlei Gründen gefordert: Zum einen weil die Politik und die Politiker mehr und mehr überfordert sind mit den Aufgaben, die von der Gemeinschaft zu leisten sind. Es gibt viele neue soziale Probleme, in die die Kommunalpolitik alten Stils nicht hineinreicht, die aber von den Betroffenen nicht allein gemeistert werden können. Darüber hinaus ist die Finanzkrise der Städte und Gemeinden sowohl eine Herausforderung für die Bürger, mehr an Aufgaben selbst zu übernehmen und zu erfüllen, die bisher von der Gemeinde geleistet wurden, als auch ein Aufruf an die Politiker, für eine Durchforstung und Neuformulierung kommunalpolitischer Prioritäten zu sorgen.

Schließlich scheint es auch nötig, bestimmte Bereiche für das eigenständige und eigenverantwortliche Engagement der Bürger zurückzuerobern, in die sich die Kommunalpolitik über die Jahre hineingedrängt hat.

2. Politische Kultur

Die Kölner Kommunitaristen wollen eine neue politische Kultur in der Stadt Köln und in der Gesellschaft schaffen, eine politische Kultur der Offenheit auf beiden Seiten, sowohl bei den Bürgern als auch bei den Politikern.

Die Bürger müssen zu mehr aktiver Mitarbeit bei der Lösung städtischer Probleme und bei der Bewältigung gesellschaftlicher Aufgaben erzogen werden. Dies aber setzt entsprechende Mitwirkungsmöglichkeiten in den politischen Strukturen voraus. Die Kölner Kommunitaristen fordern daher konkret die Öffentlichkeit aller Ratsausschüsse und die Möglichkeit, in einem angemessenen Umfang auch Fragen interessierter Bürger bei den Beratungen zuzulassen. Die Zahl der sachkundigen Bürger in den Ausschüssen sollte erhöht werden, wobei das Monopol der Parteien bei der Besetzung dieser Positionen gebrochen werden muß. Die Kölner Kommunitaristen empfehlen eine Ausschreibung und aktive Werbung für diese Ehrenämter, für die sich zweifellos fähige Leute auch außerhalb der Parteien interessieren würden.

Dem ersten Schritt bei der Dezentralisierung kommunaler Entscheidungsmacht durch die Einrichtung von neun Bezirksvertretungen in Köln sollten weitere folgen. Die Bezirke sind immer noch zu groß und unübersichtlich, um dem politisch nicht vorgebildeten Bürger den Einstieg in die kommunalpolitische Diskussion und Mitarbeit zu ermöglichen. Es sollte der ernsthafte Versuch unternommen werden, auf kleinerer - Z.B. Stadtviertel-Ebene - Diskussions- und Beratungsgremien einzurichten, deren Votum nicht bindend sein muß, aber von den Entscheidungsträgern gehört und berücksichtigt werden sollte.

Die Kölner Parteien werden aufgefordert, den zaghaften Bemühungen ihrer Bundesorganisationen, sich für Nicht-Mitglieder zu öffnen, einen energischen Anstoß zu geben. Das bisherige System der vereinsähnlich strukturierten Parteien mit eingeschriebenen und beitragszahlenden Mitgliedern ist längst überholt. Auch hier gibt es schon erste erfreuliche Ansätze wie die Zunahme der Bürgeranhörungen durch die Parteien bei besonders wichtigen Entscheidungen, wobei bedauerlicherweise zu beobachten ist, daß diese Anhörungen oft nur der Bestätigung bereits vorgefaßter Entscheidungen dienen. Aber nicht nur in Sachfragen, sondern auch bei der Besetzung politischer Machtpositionen, z.B. Ratskandidaten, Bürger und Oberbürgermeisterkandidaten, sollten nicht nur die eingeschriebenen Parteimitglieder, sondern auch die Partei-Nahestehenden mitbestimmen.

Eine Verbesserung der politischen Kultur verlangt mehr Ehrlichkeit im Umgang der Politiker mit den Bürgern. Die Kölner Kommunitaristen werden unbeirrbar alle Scheinangebote der Mitwirkung und Mitbestimmung entlarven, die die bestehenden Machtstrukturen unbeeinflußt lassen. Die politischen Parteien werden sich daran messen lassen müssen, wie sie mit den von ihnen selbst geschaffenen Instrumenten von mehr Bürgerbeteiligung - Z.B. Bürgerbegehren und Direktwahl des Oberbürgermeisters - umgehen. Die Versuche, das erste erfolgreiche Bürgerbegehren zur Müllverbrennung in Köln durch juristische Formalismen auflaufen zu lassen, stimmen nicht sehr hoffnungsvoll.

Die Parteien sollten auch darüber nachdenken, ob die von ihnen in Köln seit Jahrzehnten

betriebene Kommunalpolitik mit Koalitionsverträgen sachgerecht und für kommunale Aufgaben das angemessene Mittel ist, ganz davon abgesehen, daß die damit zwangsläufig verbundene Politisierung von Sachentscheidungen gravierend zur Politikverdrossenheit, ja zum Politikzynismus der Bürger beiträgt. Der Fraktionszwang hat in der Kommunalpolitik, in der Sach- und Fachfragen anstehen, nichts zu suchen. Man hat sich in unserem von den Parteien beherrschten politischen System so daran gewöhnt, daß man keinen Anstoß daran nimmt, wie mit diesen Mitteln Sachfragen zu Machtfragen umfunktioniert werden.

Zur Offenheit kommunalpolitischer Kultur gehören auch Durchlässigkeit und Wechsel. Langes Verweilen auf Machtpositionen führt zur Versteinerung und Verfilzung der Strukturen. Die Kölner Kommunitaristen fordern deshalb die freiwillige Begrenzung der Besetzung aller gewählten Vertreter auf zwei Ratsperioden, vom Oberbürgermeister bis zum Bezirksvertreter. Der oft beschworene Verlust an Erfahrung durch eine solche freiwillige Beschränkung wird mehr als aufgewogen durch die Frische und Vielfalt von politischem Engagement, das in die frei werdenden "Erbhöfe" nachrückt. Wenn die Kölner Kommunitaristen zur nächsten Kommunalwahl antreten, werden sie diese Beschränkung auf höchstens einmalige Wiederwahl zu einem Kernpunkt ihres Wahlprogramms machen.

3. Öffentliche Finanzen

Die Politik der leeren Kassen erfordert ein radikales Umdenken und Umschalten in der kommunalen Finanzpolitik. Die Verzweiflungspolitik einer punktuellen Reduzierung und Verschlechterung von städtischen Leistungen bei ständiger Erhöhung der Steuern und Gebühren ist keine in die Zukunft führende Alternative. Auf Dauer wird die kommunale Finanzpolitik nicht ohne eine grundlegende Reform des öffentlichen Dienstes und des öffentlichen (kameralistischen) Haushaltsrechts gesunden können. Zweifellos gehört hierzu auch eine strukturelle Reform unseres Sozialsystems, insbesondere der auf die Gemeinden abgewälzten Sozialhilfe. Dies übersteigt zwar die Zuständigkeiten und Möglichkeiten der Stadt Köln, aber ihre politischen Repräsentanten sind aufgerufen, in den entsprechenden Gremien (Städtetag, Landtag, Bundestag) auf die notwendigen Reformen zu drängen.

Das Haushaltsrecht muß dahingehend geändert werden, daß einerseits langfristiger geplant werden kann, andererseits kurzfristiges Reagieren auf veränderte Umstände leichter möglich ist, daß Kosten-Nutzen-Kalkulationen aufgestellt werden müssen und betriebswirtschaftliches Denken dem Verwaltungshandeln zugrunde gelegt werden muß. Bis diese Reform durchgesetzt ist, steht nichts entgegen, daß eine Stadt wie Köln auch jetzt schon Kosten-NutzenRechnungen insbesondere bei großen Projekten anstellt und auch veröffentlicht, um solide Entscheidungsgrundlagen zu schaffen.

In diesem Zusammenhang wiederholen die Kölner Kommunitaristen eine Selbstverständlichkeit, die aber angesichts der leeren Kassen absolute Dringlichkeit hat, daß nämlich sachfremde Prestigeentscheidungen von Politikern und Parteien um der eigenen Glorifizierung oder um Wählerstimmen willen, unbedingt unterbleiben müssen. Treuhänderische Überprüfung solcher Projekte durch unabhängige Sachverständige kann hier von Nutzen sein, ohne daß damit dem Politiker das vom Bürger übertragene Mandat genommen würde.

Auch die Kölner Stadtverwaltung ist an ihre Verpflichtung zur Sparsamkeit im Umgang mit den ihr anvertrauten Geldern zu erinnern. Sparsamkeit ist nicht Knickerigkeit im Umgang mit den Büroklammern, sondern die Herausforderung, mit möglichst wenig Mitteleinsatz ein Optimum an Wirkung zu erzielen. Dabei müssen die Mitarbeiter sich bemühen, immer wieder neue Wege zu suchen, vor allem aber Vorschläge von außen nicht zu blockieren, sondern aufzunehmen. Eine Möglichkeit, den Sinn für die Verantwortung für die anvertrauten Steuergelder zu schärfen, ist ein Vorschlag des Bundes der Steuerzahler: Die Kölner Kommunitaristen unterstützen ausdrücklich die Einrichtung eines Amtsanklägers, der bei bewußter oder grob fahrlässiger Verschwendung von Steuergeldern im öffentlichen Dienst und in der Politik die Täter zur Verantwortung zieht.

Das bereits erfolgreich praktizierte Prinzip der Subsidiarität, das heißt Verlagerung und Bezuschussung von Aufgaben, die von freien Trägern durchgeführt werden können, ist der Königsweg zur Kosteneinsparung. Dieses Prinzip ist erheblich auszuweiten, wobei vor allem die in den letzten Jahren aus eigener Initiative entstandenen Selbsthilfe- und Nachbarschaftshilfs-Organisationen in diesen Kreis einzubeziehen sind. Auf der anderen Seite ist es dringend erforderlich, die auch in Köln zahlreichen finanziell von der Stadt getragenen "QUANGO'S (Quasi-Non Governmental Organizations) wie Caritas, Arbeiterwohlfahrt u.a. daraufhin zu überprüfen, wieweit sie wirklich noch "freie" Träger sind.

Die Stadt Köln, die über eine reiche Tradition bürgerschaftlichen Engagements bei Privatleuten und Unternehmen zurückblicken kann, sollte das Instrument des "Sponsoring" von öffentlichen Aufgaben bewußt forcieren. Hierbei ist der Kreis möglicher Projekte ganz weit zu ziehen und über das bisher übliche Kunstsponsoring hinaus auf soziale oder Bauprojekte auszudehnen. Für solche Projekte ließe sich auch zusätzlich zur Unternehmensleitung das Engagement der Mitarbeiter eines Betriebes ansprechen. Auf jeden Fall kann durch die Vervielfältigung von Sponsoring-Möglichkeiten der Kreis der Ansprechpartner erweitert und damit die Finanzierung erleichtert werden.

Die städtische Gebührensatzung ist daraufhin zu überprüfen, daß Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Bürger belohnt werden. Wenn die Sorgfalt und Sparsamkeit bei der Reduzierung der Müllmengen zu einer Erhöhung der Gebühren führt, weil die Fixkosten nunmehr auf eine geringere Menge umgelegt werden müssen, so stimmt offensichtlich das System nicht mehr.

4. Öffentliche Verwaltung

Auch die Kölner Stadtverwaltung ist aufgerufen, ihren Beitrag zu einer neuen politischen und gesellschaftlichen Kultur zu leisten. Der "öffentliche Dienst" solte sich ernsthaft die beiden Worte in seinem Namen bewußt machen und ihnen Rechnung tragen, nämlich Dienst zu leisten für die Öffentlichkeit und dies in einer Atmosphäre der Öffentlichkeit. Die Verwaltung in Deutschland - und das zieht sich bis in die kommunalen Verwaltungen hinunter - muß sich von ihrer Tradition als Instrument der politischen Herrschaft lösen und ein neues Selbstverständnis gewinnen als Dienstleistungsunternehmen für seine Kunden, die schließlich mit ihren Steuern und Gebühren dieses Unternehmen und seine Leistungen bezahlen. Dazu gehört als erstes eine neue Art des Umgangs mit dem Kunden Bürger, von den Zeiten für "Publikumsverkehr" angefangen, über den Stil der Behördensprache, die Sprache der amtlichen Bescheide, die Methoden der Kommunikation zwischen Ämtern ("Dienstleistungszentren") und Bürgern ("Kunden"). Dies wird langfristig nicht ohne eine tiefgreifende Veränderung der Strukturen des öffentlichen Dienstes möglich sein.

Die Kölner Kommunitaristen haben den Mut, dieses heiße Thema beim Namen zu nennen: Mit den beamtenrechtlichen oder beamtenähnlichen Arbeitsverträgen wird das moderne Dienstleistungsunternehmen Stadtverwaltung nicht zu verwirklichen sein. Deshalb treten die Kölner Kommunitaristen für eine Reform auf parallelen Wegen ein: zum einen die schrittweise Ausgliederung und Privatisierung nicht-hoheitlicher Verwaltungs- und Dienstleistungsaufgaben und gleichzeitig die Reform des öffentlichen Dienstes von den Besoldungsstrukturen, über die Besoldungsrichtlinien bis hin zur Abschaffung der Beschäftigungsgarantie auf Lebenszeit. In einer Zeit, in der für keinen Beschäftigten außerhalb des öffentlichen Dienstes die Sicherheit des Arbeitsplatzes noch gegeben ist, kann dieses Privileg für eine Minderheit der Gesellschaft auf Dauer nicht mehr aufrecht erhalten werden.

6. Stadtkultur / öffentliche Sicherheit

Politiker und Bürger sollten sich gemeinsam dafür einsetzen, daß ihr Lebensraum lebenswert bleibt. Dies erfordert eine behutsame und abgestimmte Vorgehensweise bei der Stadtarchitektur. Der Begriff "Stadtarchitektur" geht weit über den städtebaulichen Aspekt hinaus. Er umfaßt neben der menschengemäßen Planung und Gestaltung der öffentlichen Räume auch die einvernehmliche Durchführung von Sanierungsprojekten und eine zwischen öffentlichem Nahverkehrsangebot und begrenztem privatem Individualverkehr abgestimmte Verkehrsplanung.

Die öffentlichen Plätze einer Stadt sind nicht nur ihre Aushängeschilder und Visitenkarten, sondern auch Möglichkeit für Kommunikation, Meinungsaustausch und Begegnung der Bürger. Die bisherige Konzentration der städtischen Aktivitäten auf den fließenden Verkehr muß umgeleitet werden auf die Gestaltung der öffentlichen Plätze. Die Unterordnung der Stadtarchitektur insbesondere bei den großen und kleinen Plätzen der Stadt unter die Bedürfnisse des ruhenden und fließenden Verkehrs hat ihre Funktion als Kommunikationsstätte zerstört. Ein radikales Umdenken und Umbauen ist notwendig. Als erste Maßnahmen zur Wiederbelebung der Plätze könnten einfallsreiche Begrünungen und attraktive Bestuhlungen Wunder wirken. Dabei ist vor allem bei kleinen Plätzen auch das Engagement der anwohnenden Bürger zur Gestaltung und Pflege der Plätze anzuregen.

Auch die inzwischen akzeptierten Sammelbehälter für wiederverwertbare Stoffe (Altglas, Altpapier, Kunststoffe etc.) könnten durch Verschönerungsmaßnahmen dazu beitragen, daß die öffentlichen Plätze ein ansprechenderes Erscheinungsbild erhalten. Die Stadt Köln sollte bei der nächsten Auftragsvergabe an die Entsorgungsfirma darauf drängen, daß der Auftragnehmer verpflichtet wird, die Reinigung und Gestaltung der Bereiche um die Sammelbehälter herum zu übernehmen. Eine derartige Lösung konnte bereits erfolgreich bei der Gestaltung der Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs realisiert werden! Darüberhinaus ist auch hier anzuregen, daß die Nachbarschaft in Gemeinschaftsinitiative für eine ansprechende Verkleidung und Umgründung der Containerplätze sorgt.

Alle denkbaren Bemühungen sollten unternommen werden, um einer weiteren Verödung der Stadtkerne und einem damit einhergehenden Vandalismus entgegenzuwirken. Eine zunehmende Bewaffnung durch Reizgase, Schuß- und Stichwaffen oder auch Kampfhunde kann die gesellschaftlichen Probleme nicht lösen; sie trägt eher zu einer weiteren Eskalation bei. Die steigende und auch oft nur so empfundene Brutalisierung und Kriminalität führt zu einem Verlust an Lebensqualität in der Innenstadt; insbesondere viele ältere Bürger trauen sich schon jetzt abends nicht mehr aus dem Hause. Eine Maßnahme zur Verbreitung einer Atmosphäre der Sicherheit ist die Verstärkung von Fußstreifen der Polizei zu den entscheidenden Zeiten zwischen Dämmerung und Mitternacht. Auch die Kölner Verkehrsbetriebe sind aufgerufen, dem zunehmenden Vandalismus und der zunehmenden Brutalisierung in UBahnen und Straßenbahnen mit aller Macht entgegenzutreten, um eine Entwicklung vergleichbar mit New-York im Keim zu ersticken.

Das Beschmieren von Hauswänden und öffentlichen Einrichtungen mit Parolen und Graffities sollte nicht als Spontaneität oder gar Kunst entschuldigt und aufgewertet werden, sondern wegen seiner demoralisierenden Wirkung und asozialen Haltung geächtet und bestraft werden.

Die Stadt Köln sollte auf den privaten Individualverkehr Einfluß nehmen und den Anwohnern als ernste Alternative zu dem Status-Symbol eines privaten Fahrzeugs die Einrichtung von sozial genutzten Fahrzeugen - zum Beispiel im Sinne des "Car-sharings" - aufzeigen. Die zunehmende Verkehrsdichte ist nur mit radikalen Maßnahmen einzudämmen, indem zum Beispiel der private Verkehr alternierend zugelassen wird. Geraden und ungeraden Zulassungsnummern ist werktags abwechselnd das Fahren innerhalb eines zu definierenden Radius um den Stadtkern herum zu gestatten. Auch die Praxis der Parkraumbewirtschaftung sollte überprüft werden. Die Einrichtung von sogenannten "Anwohnerparkplätzen" führt zu einer Privilegierung einzelner Anwohner. Angesichts der Unzahl der betriebenen Fahrzeuge ist es nicht realisierbar, jedem Anwohner einen Parkplatz zur Verfügung zu stellen. Die gegenwärtige Parkraumbewirtschaftung führt lediglich zu einer Förderung des Individualverkehrs und zu einer Zusatzeinnahme bei der Stadtkasse, deren Verwendung nicht näher nachvollziehbar ist.

Nicht unerwähnt bleiben sollte auch das äußere Stadtbild. Die Gewissheit, daß "andere" die Reinigung des leichtfertig mit Müll oder Hundedreck verunstalteten öffentlichen Raumes übernehmen, führt zu einer verhängnisvollen Gleichgültigkeit bei den Bürgern und zu einer enormen finanziellen Belastungen der Stadt. Vor allem die Verunreinigung durch Hundekot wird nur gebessert werden, wenn sie mit einem saftigen Bußgeld geahndet, vor allem aber sozial geächtet wird. Das Aufheben des Hundekots durch die Hundehalter sollte durch eine intensive Werbekampagne als verantwortungsbewußte Handlung zum Wohle aller vermittelt werden.

Der inzwischen häufig zu beobachtende Vandalismus findet nicht nur seine Ursache in der Unwirtlichkeit, sondern auch in der Verantwortungslosigkeit gegenüber der Gemeinschaft und ihrem Besitz. Die Haltung der Stadt Köln und ihrer Bürger sollte wieder von dem Grundsatz ausgehen, daß Gemeinschaftsgüter auch von der Gemeinschaft gepflegt werden sollten und daß sich Rücksicht auf den anderen auch in Sauberkeit ausdrückt.

6. Öffentliche Gesundheit

Gesundheit ist ein individuelles Gut, welches zu einer öffentlichen Aufgabe geworden ist. Es muß ein neues Bewusstsein geschaffen werden für die Verpflichtung zur Erhaltung und Pflege der Gesundheit an Stelle der derzeitig weit verbreiteten Rücksichtslosigkeit gegenüber den Folgen ungesunden Verhaltens, die bedenkenlos der Gemeinschaft angelastet werden. Der Bewusstseinswandel sollte durch die Darstellung des Vorteils gesunden Lebens gefördert werden.

Im Sinne einer verantwortlichen Gesundheitserziehung - schon in Kindergärten und Schulen, aber auch am Arbeitsplatz - sollte die persönliche Einsatzbereitschaft zur Gesunderhaltung gefördert werden. Sowohl die Verantwortung des Einzelnen sich selbst gegenüber als auch die Rücksicht gegenüber den anderen zur Erhaltung des Solidaritätsprinzips verpflichten zu neuen Wegen in der Gesundheitsversorgung.

Trotz der bisherigen Bemühungen um Kostendämpfung im Gesundheitswesen sind die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung weiter gestiegen. Dies wird sich fortsetzen, da der medizinische Fortschritt und die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen angesichts der Bevölkerungsstruktur weiter steigen und dadurch weitere Kostensteigerungen im Gesundheitswesen verursacht werden, die an die Mitglieder der Krankenkassen weitergegeben werden.

Auch die Stadt Köln als Träger mehrerer Krankenhäuser und anderer Einrichtungen der Gesundheitsversorgung steht damit in der Verantwortung, das Angebot an präventiver Gesundheitsversorgung zu verbessern und Alternativen zu entwickeln, die eine humane Versorgung insbesondere schwer Kranker (z.B. Krebs oder AIDS) ermöglicht. Dies schließt Einrichtungen für ein humanes Sterben ein. Auch die Möglichkeiten "alternativer" Medizin sollten berücksichtigt werden. Dies gilt besonders angesichts der psychischen Folgen unserer Lebensbedingungen und den sich daraus ergebenden psychosomatischen Erkrankungen.

Im Sinne einer größeren Eigenverantwortung der Bürger für den Bürger sollte die Stadt Initiativen fördern, in denen sich hauptamtlich und ehrenamtlich Mitwirkende gemeinsam in der Gesundheitsversorgung einsetzen. Beispielsweise sollten Selbsthilfegruppen in jeder Form unterstützt werden. Die Stadtverwaltung sollte ihre Kontakte zu einflußreichen Bürgern nutzen, um die Bereitschaft zu finanziellen oder materiellen Stiftungen zu erhöhen.

7. Familie / Soziales / Ausländer

Gerade auf die Kommunen werden die Folgen der verfehlten Sozialpolitik von Bund und Ländern abgewälzt. Der Anteil des Haushalts, den Städte und Gemeinden für die Sozialhilfe aufwenden müssen, wächst an. Dabei erfüllt die Sozialhilfe kaum noch ihre ursprüngliche Zielsetzung: Sich als Überbrückung in einer Notlage und als Anschubfinanzierung langfristig überflüssig zu machen. Die Kölner Kommunitaristen sagen deshalb nicht: wir brauchen mehr Geld für Sozialpolitik, sondern: wir brauchen eine neue Sozialpolitik.

Zum einen sollten Sozialhilfeempfänger zum Einsatz für soziale Leistungen, an denen es in der Stadt nicht mangelt, herangezogen werden, zum anderen müssen die finanziellen Anreize zum Übergang ins Berufsleben unbürokratisch ausgeweitet werden.

Obwohl Politiker aller Couleur proklamieren, die Familie bilde den Kern der Gesellschaft und Kinder seien Garanten der Zukunft, werden die sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Familien mit Kindern immer ungünstiger. Den Mehrwert der Erziehung kassiert stillschweigend die Gesellschaft, die Erziehungskosten aber müssen die Familien tragen. Um Familien mit Kindern angemessenen Wohnraum zu angemessenem Preis zu verschaffen, sind vielfältige Initiativen nötig. Eine Sofortmaßnahme wäre die Durchforstung der zahlreichen städtischen Wohnungen auf Fehlbelegungen. Der öffentliche soziale Wohnungsbau wird das Problem der Wohnungsnot junger Familien nicht alleine lösen. Wir regen an, daß junge Familien in Eigeninitiative Genossenschaften gründen und nach dem Prinzip des Bausparens in Vorleistung gemeinsam Wohnraum planen und schaffen.

Die Betreuungszeiten in Kindergärten und Kindertagesstätten müssen den Bedürfnissen berufstätiger Ehepaare und Alleinerziehender angepaßt werden, d. h. wir brauchen frühere Öffnungszeiten und mehr Ganztagesstätten. Wir sind dafür, die fehlenden Betreuerstellen mit Kräften aus den von uns angeregten sozialen Projekten zu besetzen. Außerdem gibt es immer noch zu wenige Kindergartenplätze. Die Kölner Kommunitaristen plädieren deshalb dafür, daß Eltern-Initiativen gefördert werden. Wir appellieren an Kölner Hausbesitzer, freistehende Räume für selbstverwaltete Kindergärten zur Verfügung zu stellen. Wir befürworten, daß Eltern Spielplätze in Eigeninitiative gestalten und die Kinderaufsicht selber in die Hand nehmen.

Zur Entlastung der Familie fordern wir ebenso, sukzessive die städtischen Schulen in Ganztagsschulen mit Hausaufgabenbetreuung und Verpflegung umzuwandeln. Die durch Auslagerung von Sport-, Kunst- und Musikunterricht längst schon als ganztägig betriebene Schule wird deshalb nicht als Ganztagsschule deklariert, weil die Stadt sonst erweiterte räumliche und personelle Ressourcen zu Verfügung stellen müßte.

Als Kölner Kommunitaristen begrüßen und unterstützen wir die schon bestehenden Projekte, die das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Kulturen in unserer Stadt anstreben. Wir sehen hier noch Ausbaumöglichkeiten, z.B. in der Förderung multikultureller Vereine, im Angebot von Sprachunterricht für Deutsche durch Ausländer. Schulklassen sollten so reorganisiert werden, daß vorhersehbare Konflikte abgepuffert, gleichzeitig aber interkulturelle Kontakte ermöglicht werden. In Köln mit seinem hohen Anteil an türkischer Bevölkerung und einer hohen Ausländerarbeitslosigkeit sollte ein spezielles Projekt der Mittelstandsförderung für junge Türkinnen entwickelt werden. Jugendaustausch sollte nicht allein die klassischen Länder (England, Frankreich, USA) ins Visier nehmen. Die schon bestehenden Kölner Städtepartnerschaften sollten auf eine breitere Basis gestellt werden. Die Stadtführungen in Köln heben immer nur auf den europäischen Kontext ab, wir regen an, daß sowohl öffentliche wie private Stadtführungen auch Elemente anderer Kulturen, z.B. Moscheen, einbeziehen.

"Sport für alle" bedeutet vor allen Dingen: Teamsportarten fördern. Denn hier werden diejenigen Verhaltensweisen eingeübt, z.B. Zusammenarbeit, Fairness, Verantwortung, Kommunikation, die für den Zusammenhalt einer Gesellschaft unverzichtbar sind.

Eine schöne Stadt zu schaffen, ist nicht nur die Aufgabe der Stadtverwaltung oder weniger Sponsoren, sondern eine Verpflichtung für alle Bürger. Bei der Begrünung von öffentlichen Plätzen, Anlagen und Straßen sollen Bürger mitwirken. Denkbar sind Patenschaften für Bäume und Beete. Die Stadt könnte auch einen Wettbewerb ausschreiben: "Das schönste Straßenbeet".

Herkömmliche Altenheime sind in der Regel unwürdige Verwahranstalten; angesichts der zu erwartenden demographischen Entwicklung sollten in Köln Pilotprojekte gestartet und gefördert werden, z.B. Alten-WG's und Mehrgenerationen-Wohnprojekte.

Arbeitslosenquoten werden künstlich niedrig gehalten durch Frühverrentung. So geht der Gesellschaft wichtiges Wissen, Erfahrung und Lebenskompetenz verloren. Modellprojekte "Freiwilliges Soziales Jahr für Rentner" einzelner Wohlfahrtsverbände sollten unterstützt werden. Mögliche Tätigkeitsfelder: Schuldnerberatung, Hilfe bei Behördengängen, Familienunterstützung...

Ob es ein soziales Jahr für Mädchen verpflichtend geben sollte, ist lange kontrovers diskutiert worden. Köln könnte ein gutes Beispiel geben und ein Pilotprojekt entwerfen, um das freiwillige soziale Jahr besser bekannt zu machen und ihm eine größere soziale Anerkennung zu verschaffen.

Die Information der Stadt über ihre sozialen Angebote sollte verstärkt und vor allem auf die Betroffenen hin ausgerichtet werden.

8. Schule / Bildung

Die Kölner Kommunitaristen sind der Ansicht, daß in Schulen und anderen Bildungs- und Ausbildungsstätten nicht nur Wissensvermittlung betrieben werden soll, sondern dies die geeigneten Stätten sind, um das in einer gelebten Demokratie notwendige Sozialverhalten einzuüben. Die Demokratie bedarf aufgeklärter und in demokratischen Tugenden wie Toleranz, Solidarität und Gemeinschaftsgeist gefestigter Bürger. Die Lehrer an Kölner Schulen werden aufgerufen, Projekte zu entwickeln, wie mit den ihnen anvertrauten Schülern dieses Training in demokratischen Verhalten betrieben werden kann. Eine von vielen möglichen Gebäude.

Aufgaben wäre die gemeinsame tätige Verantwortung für den äußeren Zustand der Schulgebäude.

Die Lehrer müssen sich offensiver dem unabweisbaren Drogenproblem der Jugendlichen in unserer Gesellschaft stellen und mit modernen Mitteln aktive Hilfe durch Beratung und Prävention leisten.

Die Kölner Kommunitaristen sehen mit großer Besorgnis den Trend zur Reduzierung und Abbau der egalitären Bildungsangebote insbesondere der Bibliotheken. Die Bibliothek ist die einzige demokratische Bildungsinstitution, weil sie allen Schichten Zugang zu gesellschaftlichen Wissen ermöglicht. Hier den Rotstift anzusetzen, während weiterhin mit Millionen Oper und Schauspiel subventioniert werden, ist nicht nur fiskalisch verfehlt, sondern ein Angriff auf eine demokratische Bastion. Mit ein wenig Phantasie und Engagement ließen sich auch in der finanziellen Enge die Bibliotheken erhalten und die Öffnungszeiten erweitern. Wir schlagen vor, Buchhändler als Aushilfen und darüber hinaus ehrenamtliche Bürger als Personal in den Bibliotheken einzusetzen. Die Schließung der Stadtteilbibliotheken wird von uns auf das Schärfste kritisiert, desgleichen die Reduzierung der Öffnungszeiten auf Minimaldimension. Die Informationsbedürfnisse richten sich bekanntlich nicht nach der Tageszeit. Wir schlagen vor, in den Bibliotheken auch verstärkt Lerncomputer zu installieren, um dem Bedürfnis auch älterer Menschen, sich mit der modernen Datentechnik vertraut zu machen, entgegen zu kommen.

Das Problem der Schulen mit hohem Ausländeranteil erinnert in seiner Struktur und in den zu erwartenden Folgen an vergleichbare Entwicklungen in Amerika. Es muß alles unternommen werden, um diese Ghettoisierung der Schulen und damit der Stadt zu verhindern. In den Schulen haben Ausländerkinder die letzte Chance, sich in die deutsche Gesellschaft voll zu integrieren. Dies muß mit allen Mitteln gefördert werden. Wir richten einen Appell an die Kölner Eltern in "ausländerfreien" Wohngebieten, einen bestimmten integrierbaren Anteil von Ausländerkindern in "ihren" Schulen zuzulassen.

Aus unserem Verständnis für die freiwillige Selbstverpflichtung der Bürger zum Engagement für die Gemeinschaft fordern wir, daß sich möglichst viele Bürger bereitfinden, Hausaufgabenbetreuung und Kinderbetreuung ehrenamtlich zu übernehmen. Wir fordern darüber hinaus Kölner Hausbesitzer auf, Räume für Kindergärten und Kinderkrippen zur Verfügung zustellen.

Die Kölner Stadtverwaltung wird aufgefordert, die freien Theater, die mit einem großen Engagement und minimalen Budget große Leistungen für die Kultur dieser Stadt erbringen, in einem Maße zu unterstützen, das eine vernünftige Relation zu den Subventionen für die städtischen Theater aufweist. Insbesondere sind solche Projekte und Theater zu unterstützen, die sich der Kinderpädagogik verschrieben haben. Im Theater kann bei Kindern sehr viel Kreativität entwickelt und im Rollenspiel Sozialverhalten geübt werden. In diesem Sinne fordern wir auch die Unterstützung von Sportvereinen und Projekten von Kindersport, weil vor allem im Mannschaftssport Teamgeist gelernt und eingeübt wird.

9. Schlußwort

Die Kölner Kommunitaristen verstehen das vorliegende Manifest nicht als ein abgeschlossenes Parteiprogramm, sondern als Denk- und vor allem als Handlungsanstoß für sich und andere. Wir fordern alle interessierten Kölner Bürger auf, mit uns darüber nachzudenken, wie der Gemeinschaftsgeist und das Gefühl für bürgerschaftliche Verantwortung in unserer Stadt gestärkt werden kann. Wir fordern sie weiter auf, sich selber tatkräftig - jeder nach seiner Art und seinen Möglichkeiten - für Aufgaben und Ziele, die über die reinen Privatinteressen hinausgehen, einzusetzen. Wir wollen gleichzeitig all denen Mut machen und Anerkennung zukommen lassen, die sich bereits auf diese Weise engagieren und damit unsere Stadt und unsere Gesellschaft lebenswert machen. Wir fordern auch die Politiker auf, sich von den liebgewordenen Vorstellungen der Vergangenheit abzukehren, mit den knapper gewordenen Ressourcen verantwortungsvoll umzugehen, die Rolle des Staates neu zu überdenken, Initiativen der Bürger ernstzunehmen und zu fördern und sich von der Idee der Allzuständigkeit der Politik zu verabschieden.

Kommunitarismus ist keine neue Erfindung. Es ist nichts anderes als die Wiederbelebung früherer Tugenden, die in unserer Anspruchs- und Konsumgesellschaft aus der Mode gekommen sind: Engagement, Gemeinschaftsgeist, Hilfsbereitschaft, Verantwortungsgefühl. Die Moral der Selbstbedienungs- und Ellenbogengesellschaft ist nicht nur gemeinschaftszerstörend, sie zerstört auch für den einzelnen auf Dauer die Basis für ein gutes, gelingendes Leben. Der alles umfassende Versorgungs- und Wohlfahrtsstaat ist an seine Grenze gestoBen und raubt über stetig steigende Steuern und Gebühren dem Bürger auf Dauer die Freiheit der eigenen Lebensgestaltung. In dieser Situation ist kommunitaristisches Verhalten - Übernahme von Aufgaben durch die Bürger, Entlastung des Staates und Gewinn von Freiräumen für die Bürger - der Königsweg heraus aus dem Dilemma unserer überforderten Demokratie.